Call for Action anlässlich der AMR Awareness Week!

Deutsches Netzwerk gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR) fordert dringend die Einführung von Marktanreizen, um die Entwicklung von Antibiotika zu befördern.

Berlin, 20.11.2023 – „Wir steuern sehenden Auges auf eine Krise zu. Bald werden wir keine Antibiotika mehr haben, um lebensnotwendige Operationen durchführen zu können“, sagt Timo Jäger, Sprecher des Deutschen Netzwerks gegen Antimikrobielle Resistenzen (DNAMR) und Geschäftsführer des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF). Um die Dringlichkeit eines gemeinsamen Handelns zu adressieren, hat das DNAMR einen „Call for Action“ formuliert, der an die relevanten Akteure in den Ministerien und des Bundestags gerichtet ist. Die sechs Empfehlungen für Sofortmaßnahmen lauten:

  1. Schnellstmögliche Einführung von wirksamen Marktanreizen für die Entwicklung neuer, resistenzbrechender Antibiotika

Auch wenn resistenzbrechender Reserveantibiotika nur dann eingesetzt werden sollen, wenn die Standardbehandlung für eine Infektion aufgrund von Resistenzen nicht wirksam ist, muss ihre Entwicklung, Produktion und Bereitstellung für Investoren wirtschaftlich sinnvoll sein. Daher sind Refinanzierungsinstrumente, sogenannte Pull Mechanismen, notwendig; die Kosten solcher Marktanreizsysteme sind langfristig wesentlich niedriger als die Kosten fehlender Antibiotika für die Gesundheitssysteme und Gesellschaft. Ein in der EU umsetzbarer Marktanreiz-Mechanismus ist die „übertragbare Exklusivitätsverlängerung“, bei der der nötige Mehrumsatz mit anderen Medikamenten ermöglicht wird.

  1. Vergütung des Einsatzes von Reserveantibiotika im stationären Bereich

Bislang wird der Einsatz von Reserveantibiotika in Krankenhäusern nur unzulänglich geregelt. Weil nur die Kosten für Standardantibiotika erstattet werden, könnten Krankenhäuser sich veranlasst sehen, die teuren Reserveantibiotika nicht zur Behandlung einzusetzen, obwohl dies therapeutisch geboten wäre.

  1. Einführung einer Brückenfinanzierung für kleinste, kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die derzeit in der Entwicklung von Antibiotika tätig sind

Die derzeit sehr überschaubare Entwicklungspipeline von Reserveantibiotika besteht fast ausschließlich aus Projekten, die von kleinen und kleinsten Unternehmen vorangetrieben werden. Diese sollten finanziell unterstützt werden, um ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern und damit die Finanzierung der Projekte so lange sicherzustellen, bis ein Marktmechanismus etabliert wurde.

  1. Aktiver Dialog der Politik mit allen Beteiligten zur Erforschung und Entwicklung neuer Antibiotika

Das DNAMR sucht kontinuierlich den Dialog mit den zuständigen Ministerien und der Politik, aber der verläuft nur schleppend. Eine Entscheidung der EU über die Einführung eines Marktanreizmechanismus wird erst in mehreren Jahren erfolgen. Es bedarf aber einerseits des politischen Willens zum Handeln und andererseits einer sinnvollen Ausgestaltung eines Marktanreizmechanismus, damit dieser auch tatsächlich wirksam ist und tatsächlich mehr Unternehmen in die Entwicklung neuer Antibiotika einsteigen.

  1. Weiterführung bisheriger Bemühungen bei der Forschungsförderung

Deutschland leistet bereits wichtige Beiträge im Bereich der Forschungsförderung, unter anderem durch die finanzielle Unterstützung von Forschungsaktivitäten. Das DNAMR wirbt dafür, dass Deutschland bei der EU-Kommission, bei anderen EU-Mitgliedsländern und darüber hinaus auf die Notwendigkeit der Förderung von Grundlagenforschung hinweist und auf eine stärkere Beteiligung anderer Länder drängt.

  1. Ernennung einer/eines nationalen Beauftragte/n für Antimikrobielle Resistenzen nach dem Vorbild Großbritanniens und Schwedens

Die Einsetzung einer Persönlichkeit, die alle nötigen Maßnahmen zur Lösung des Problems begleitet und voranbringt, wäre ein gutes und wichtiges Signal an alle Beteiligten, dass die Dringlichkeit der Aufgabe auch in Deutschland erkannt wurde und nunmehr alle erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Bewältigung ergriffen werden.

Mit diesem „Call for Action“ hofft das DNAMR, die Politik aufrütteln zu können. Es gilt, Forschungsförderung (Push) mit Marktanreizen (Pull) zu verknüpfen und Grundlagen- und klinische Forschung sowie die Medikamentenentwicklung zu stärken.

Das Papier ist nach dem Round Table/Wissensaustausch im Deutschen Bundestag am 18.10.2023 entstanden.

 

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