Erste Arbeitssitzung des Parlamentarierkreises Antimikrobielle Resistenzen im Deutschen Bundestag
Berlin, 6.11.2025 - Im Deutschen Bundestag fand die erste Arbeitssitzung des Parlamentarierkreises Antimikrobielle Resistenzen (AMR) der diesjährigen Legislaturperiode statt. Im Mittelpunkt stand die aktuelle Diskussion zu Transferable Exclusivity Vouchers (TEVs), Markteintrittsprämien sowie ergänzenden nationalen Anreizmechanismen für die Entwicklung von innovativen, resistenzbrechenden Antibiotika, die derzeit im EU-Trilog Verfahren verhandelt werden.
Die Arbeitssitzung wurde von den Vorsitzenden des PKAMR, Stephan Albani und Dr. Franziska Kersten, Mitglieder des Deutschen Bundestages eröffnet. Sie wiesen darauf hin, dass die EU-Kommission TEVs für innovative antimikrobielle Mittel im Rahmen des Reformpaktes zur EU-Arzneimittelgesetzgebung vorgeschlagen hat.
Dieser TEV soll einen Anreiz schaffen, indem Entwicklern eines neuartigen, prioritären antimikrobiellen Arzneimittels ein zusätzliches Jahr für die Daten-/Marktexklusivität gewährt werden könnte, das für ein anderes Produkt des Unternehmens verwendet bzw. verkauft werden kann. Im gleichen Gesetzgebungsverfahren werden weitere Anreizmechanismen, wie Milestone-Zahlungen und Markteintrittsprämien diskutiert.
Dr. Fabian Wenner, Referat Arzneimittel- und Heilmittelwerberecht, Tierarzneimittel, Bundesministerium für Gesundheit (BMG) berichtete, dass Deutschland der Einführung der TEVs grundsätzlich zustimme. Ob das Pharmareformpaket, in dem die Regelungen für die TEVs enthalten sind, noch bis zum Ende 2025 verabschiedet werden kann, ist allerdings nicht sicher.
Dr. Karen Ottenstein, Referat Versorgung mit neuen Arzneimitteln und Pandemiearzneimitteln erläuterte, was auf nationaler Ebene bereits getan wird, um die Entwicklung und Produktion von Reserveantibiotika zu unterstützen. Sie erwähnte insbesondere die freie Preisfestsetzung und die Tatsache, dass Reserveantibiotika im Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG)-Verfahren einen Zusatznutzen anerkannt bekommen.
Wolfgang Philipp, Hauptberater Europäische Kommission, HERA, sagte, dass die TEVs prinzipiell ein gutes System sind, das einen Beitrag zur Antibiotikaentwicklung leisten könnte. Er ging auf die aktuellen nationalen Initiativen in Großbritannien, Schweden und Italien für Pull-Anreize ein. Er betonte, dass die Entwicklung von Antibiotika kostspielig und langwierig sei, es aber keine Alternative gebe, da die moderne Medizin von wirksamen Antibiotika abhänge.
Harald Zimmer, Sprecher des DNAMR und Senior Manager Internationales beim Verband forschender Pharma-Unternehmen, äußerte Zweifel daran, ob die TEVs in der derzeitigen Ausgestaltung als Marktanreizmechanismus wirksam werden können und regte an, eine Überprüfung nach einem Jahr durchzuführen. Er wies auch darauf hin, dass die bisherigen Fördermaßnahmen auf nationaler Ebene nur sehr eingeschränkt wirksam sind, weil sie auf den ambulanten Bereich abzielen, die Reserveantibiotika aber ganz überwiegend in den Krankenhäusern eingesetzt werden, wo keine ausreichende Erstattung gegeben ist.
Dr. Ralf Sudbrak, stellvertretender Direktor des Global AMR R&D Hub, würdigte Deutschlands Unterstützung für internationale Initiativen wie CARB-X, GARDP und den Global AMR R&D Hub sowie die Anstrengungen zur Finanzierung der öffentlichen Antibiotikaforschung in Deutschland, die fortgesetzt werden sollten.
Prof. Dr. Andrew Ullmann, Vertreter Arbeitsgemeinschaft Infektionen in der Hämatologie und Onkologie (AGIHO), Universität Würzburg, früherer Parlamentarier und jetzt Mitglied im DNAMR, betonte die Bedeutung von gut ausgebildetem und kompetentem Klinikpersonal für den Erfolg der Infektionsbekämpfung entscheidend sei. Deshalb plädiere er für die Erhaltung des Fachbereichs Infektiologie in den Krankenhäusern.
Alle Anwesenden und ReferentInnen waren sich einig, dass die fortdauernde Entwicklung von innovativen, resistenzbrechenden Antibiotika unerlässlich ist, und brachten ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass kurzfristig wirksame Anreizmechanismen wie die TEVs implementiert werden.
Eine zweite Arbeitssitzung soll Anfang nächsten Jahres erfolgen.